Philosophie ist nicht diskutierbar

Jeder, der in seinem Leben schon mal Unternehmen und/oder Einzelpersonen gecoacht hat, kennt die Grundschritte des Erfolgsaufbaus, die für große Unternehmen wie für Selbständige im Wesentlichen gleichermaßen anwendbar sind.

In Anlehnung an die gute alte EKS-Strategie benenne ich die Schritte wie folgt:

1. Wer oder was sind wir (Festlegung der Unternehmenswerte und -philosophie)?
2. Wer oder was sind wir erkennbar im Markt (was ist unser USP)?
3. Was genau ist die Zielgruppe?
4. Wo hat diese einen Schmerz, den wir nachhaltig und messbar lindern können?
5. Welches Sortiment braucht es genau dazu?
6. Mit welcher Verkaufsstrategie bringen wir das in den Markt?

An dieser Stelle können Unternehmensziele festgelegt werden.
Dann folgen noch die Schritte

7. Umsetzung
8. Planung der Feiern, wenn wir die Ziele übertroffen haben 😉

Nun, so neu ist das nicht und doch führt es immer zum Erfolg, solange man sich die eigenen Antworten auf diese Fragen so lange sehr kritisch hinterfragt, bis man ganz sicher ist, dass man sich nicht selbst etwas vormacht.

Viel zu viele glauben zu wissen, wo es ihrer Zielgruppe weh tut.
Tatsächlich bauen sie ihre Annahmen dabei auf einem Wunschdenken auf. Sie definieren aus der Emotion heraus (gemäß dem, was man beruflich gerne tun würde) eine Art “gewünschten Schmerz der Zielgruppe” auf, der so leider in der Realität nicht existiert.

Aber darauf will ich heute gar nicht tiefer eingehen. Zu den 8 Punkten könnte man ein ganzes und sehr dickes Buch schreiben. Bringt nur keinen Sinn, weil es schon eine Menge guter Bücher dazu gibt.
Wie gesagt, ist ja nicht neu.

Worauf es mir heute ankommt, ist der erste Punkt:
Klarheit für Unternehmenswerte und -philosophie.

Ein paar kurze Fragen dazu:

1. Kennen Sie als Unternehmer ihr eigenes Wertesystem? So klar, dass Sie Ihre beruflichen Hauptwerte aus der Pistole geschossen benennen können?
2. Haben Sie mit Ihrer Führungsmannschaft die zu lebenden Werte des Unternehmens gemeinsam festgelegt und sind diese kompatibel mit Ihren persönlichen Werten?
3. Kennen – neben der Führungsmannschaft – Ihre Mitarbeiter auch diese Werte? Ja mehr noch, lebt die Menge Ihrer Mitarbeiter diese?
4. Welche Maßnahmen gibt es, über die auch ihre Kunden die Information bekommen, mit wem sie es in der Zusammenarbeit tatsächlich zu tun haben?

Für mich die schwerste Aufgabe dabei ist der dritte Punkt:
Leben die Menge der Mitarbeiter Ihres Unternehmens die Werte des Unternehmens zumindest weitestgehend? Dieser Punkt ist deswegen so schwierig, weil es hier nicht darum geht, etwas “einfach” nur festzulegen. Hier geht es darum, vielen unterschiedlichen Charakteren eine Art gemeinsame “Note” mitzugeben, die sie gerne auf ihren täglichen Weg an die Front mitnehmen. Und das ist spätestens dann nicht einfach, wenn man verinnerlicht, dass im letzten Satz etwas von “unterschiedlichen Charakteren” steht.

Wie kann ich es dennoch erreichen?

Weg 1: Ich such mir Menschen, die im Großen und Ganzen da schon sind.
Weg 2: Ich entwickle Menschen dahin.

Lassen Sie mich Ihnen erklären, warum diese beiden Punkte für mich kein “oder” sind, sondern warum beide Punkte viel näher beieinander sind, als Sie vielleicht vermuten.

Fangen wir mit Punkt 2 an:
Wir entwickeln Menschen.
Einen sehr amüsanten Video, wie Menschen konsequent auf eine Unternehmensphilosophie ausgerichtet werden können, finden Sie HIER

(Danke Andreas für den Tipp, je öfter ich den Video sehe, desto feuchter werden meine Augen dabei 🙂

Zugegeben, etwas spitz dargestellt.
Auch klar ist, dass eine Motivation über Ziele oder über andere positive Motivatoren viel nachhaltiger wirken, als über Angst.

Exkurs:
Lassen Sie uns gedanklich einmal sehr einfach und dabei sachlich/analytisch mit dem Thema Motivation umgehen.

Einen Esel bewegt man auf 2 Arten.
Entweder über eine leckere Mohrrübe, die ich vor ihm hin halte.
Oder über die Peitsche, die er auf den Allerwertesten bekommt.
In beiden Fällen läuft der Esel los.
Wegen “Freude erlangen” (Mohrrübe) oder “Schmerz vermeiden” (Peitsche).
Beide Fälle der Motivation bringen also prinzipiell das erwünschte Ergebnis.

Der Weg mit der Peitsche ist nur viel zu teuer, denn für jeden Esel brauche ich einen Peitscher. Sowie ich mit dem Reiz aufhöre laufen alle Esel nicht mehr weiter und der Peitscher kann nicht überall sein.
EINE Mohrrübe aber reicht geschickt positioniert aus, viele Esel in Gang zu setzen.

Ich weiß, das ist viel zu einfach, weil die Peitsche noch viele weitere schlechte Folgen verursacht, aber der oben beschriebene Aspekt alleine reicht mir schon aus.

Ende Exkurs.

Aber mal ganz ketzerisch gefragt:
Kann ich Menschen überhaupt auf eine Philosophie hin entwickeln?

Meine ehrliche Antwort:
Bedingt ja, in guten Teilen aber auch ein klares Nein!

Warum nein?
Denken wir es an einem Beispiel durch:

Eine gute Servicephilosophie könnte heißen:
Wir wollen unsere Kunden nicht zufrieden stellen, wir wollen sie BEGEISTERN.

Was nach einem “netten Marketingspruch” klingt, ist für mich viel mehr. Für manche Unternehmen kann es eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit sein, denn wie soll ich sonst ein hohes Preisniveau halten können, wenn ich kein glasklares USP habe (und wer hat das heute schon, wenn jede gute Idee spätestens nach 2 Monaten schamlos kopiert wird).

Was heißt denn aber “Kunden begeistern”?
Begeistern ist emotional. Können wir über Leistungsparameter Kunden begeistern? Ja, aber oft verursachen diese Leistungsparameter dann auch Kosten und in Zeiten hohen Wettbewerbs ist der Spielraum dafür nicht immer gegeben.

Gute Dienstleister begeistern ihre Kunden auf emotionale Art – und über Menschen.
Das Problem dabei ist, dass ein Mitarbeiter meines Unternehmens dazu erst einmal selbst begeistert sein muss und zweitens das “Begeistern wollen” in sich tragen muss. Dieses “emotionale Gedöns” ist ja nicht jedermans/jederfraus Sache.

Damit kommen wir zurück zum Weg 1:
Ich suche mir Menschen, die im Großen und Ganzen da schon sind.

Das bedeutet, ein wesentliche Erfolgsfaktor, ob ich es schaffe, ein Unternehmen zu haben, das eine Unternehmensphilosophie lebt, beginnt im Einstellungsgespräch.

In jedem Einstellungsgespräch formuliere ich dem Bewerber bewusst und mit Nachdruck die Firmenphilosophie und frage ihn mit festen Blick: “Können Sie das leben? Ist das etwas, dass Sie mit Begeisterung tun können?”

Natürlich ist mir klar, dass viele Bewerber an dieser Stelle primär deswegen ja sagen, weil sie den Job wollen. Deshalb frage ich meistens noch einmal klar hinterher ähnlich wie: “Sind Sie sich sicher? Das ist wichtig, ich werde hier nicht locker lassen.”

So ebne ich den Weg, dass ich mit Mitarbeitern, bei denen sich in den ersten Monaten rausstellt, dass sie das noch nicht perfekt leben können, nicht das DASS diskutieren muss, sondern nur das WIE ich sie unterstützen darf, damit sie da hin kommen wo wir uns verabredet haben.

Fassen wir zusammen.
Menschen zu etwas Emotionalem hinzuentwickeln funktioniert. Aber nur bedingt. Der Wille, sich hinentwickeln zu lassen muss sehr ausgeprägt sein, weil es oft an die Grundstruktur des Menschen geht, und wer ändert sich schon gerne wirklich?

Menschen konsequent philosophieorientiert auszuwählen ist für mich der beste Weg,
gepaart mit der gleichen Konsequenz, dass man sich – wenn es sein muss – auch mal trennt, wenn dieses Ziel nicht erreichbar ist.

Alles andere würde bedeuten, dass

1. Der Unternehmer selbst vor die Hunde geht, weil er sich mit seinem Unternehmen nicht identifizieren kann.
2. Das Unternehmen nicht erfolgreich wird, weil die Basis nicht stimmig ist.

In diesem Sinne hoffe ich, dass ich Sie mit diesem Newsletter
“nicht zu frieden stellen” konnte….

Doppelt gelächelte Grüße schickt Ihnen
Cemal Osmanovic

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